#FightEveryCrisis – Was ist eigentlich mit Klimaschutz?🤔

Seit circa zwei Monaten dreht sich sowohl in den Nachrichten als auch in der Politik fast ausschließlich alles um die Corona-Krise. Doch was ist eigentlich aus dem Thema Klimaschutz geworden? Vor der Corona-Krise war dies noch das Thema Nummer 1 in den Medien – nicht zuletzt dank des vehementen öffentlichkeitswirksamen Engagements von Fridays For Future. Eigentlich war für den 24.04.2020 bereits die fünfte Großaktion mit Demonstrationen rund um den Globus geplant, doch diese sind momentan durch die geltenden Kontaktbeschränkungen untersagt. Um das Thema nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, hat Fridays For Future daher den Protest per Livestream auf YouTube ins Internet verlagert. Wie das funktioniert? Wir waren für euch live dabei:

Freitag, 24.04., 11:55 Uhr: In 5 Minuten soll es los gehen. Ich habe bereits den Livestream auf YouTube aufgerufen. Am rechten Bildrand rattert der angezeigte Chat bereits aufgrund der Nachrichtenflut wie ein D-Zug durch’s Bild – trotz eingestelltem langsamen Modus! Eine Nachricht, die gerade noch als neueste Nachricht erscheint, ist 3 Sekunden später schon wieder aus dem Bild verschwunden. Ich merke: hier tut sich was! Ein Blick auf den Bildschirm verrät mir, dass bereits 5 Minuten vor Beginn bereits über 8.500 Menschen dem Livestream zugeschaltet sind.

Gleich geht's los...

12:15 Uhr: Leider gibt es anfangs noch ein paar technische Probleme, weshalb der Livestream immer noch nicht läuft. Doch die allermeisten Teilnehmer*innen scheint das nicht im Geringsten zu entmutigen: Der Chat läuft weiterhin auf Hochtouren, die Kommentare sind geduldig und es sind mittlerweile sogar schon über 16.000 Menschen dem Livestream zugeschaltet. Zudem gibt’s zum Zeitvertreib einen humorigen Seitenhieb an die Klimapolitik:

Stream läuft besser als Klimapolitik

12:30 Uhr: Es ist soweit. Eine halbe Stunde später als geplant kann der Livestream beginnen. Am Anfang noch etwas holprig und zwischendurch immer mal wieder mit kleineren Störungen von Bild oder Ton, insgesamt läuft das Programm von nun an aber weitestgehend rund. Zwei Klimaaktivist*innen moderieren das Programm, welches teilweise aus bereits im Vorfeld aufgezeichneten Beiträgen und teilweise aus Liveschaltungen besteht, live vor dem Reichstag in Berlin. Auf dem Rasen vor dem Reichstag haben die Aktivist*innen zudem großflächtig hunderte Plakate mit politischen Forderungen ausgelegt, welche bereits in den letzten Tagen und Wochen von Aktivist*innen aus ganz Deutschland angefertigt worden sind. Im Hintergrund der Moderator*innen kann man zudem erahnen, welch große Organisation hinter der Online-Veranstaltung steckt: Allein vor dem Reichstag steht ein riesen Regie-Zelt mit einer Unmenge an Technik, Bildschirmen, Kameras und Men-(und natürlich Women-) Power.

Das kurzweilige Programm, welches insgesamt gut 2 Stunden lang dauert, besteht aus einem stetigen Wechsel aus Beiträgen verschiedener Ortsgruppen von Fridays For Future (z.B. aus Aachen, Hamburg, Heidelberg oder Mainz), Interviews (z.B. mit dem politischen YouTuber Thilo Jung oder der Schauspielerin Katja Riemann), Statements (z.B. der Moderatoren Eckard von Hirschhausen und Michel Abdollahi), wirklich beeindruckenden Poetry Slams und musikalischen Beiträgen von Giant Rooks, Maniax oder Clueso, der im Zuge des Livestreams sogar seine neue Single releaste.

Dass die Bewegung über den Klimaschutz hinaus auch noch auf andere soziale Themen wert legt und auf sie aufmerksam machen möchte, zeigte sich unter anderem auch darin, dass nahezu der komplette Livestream sowie alle Beiträge in einem kleinen, eingeblendeten Fenster auch in Gebärdensprache übersetzt wurden. Neben diesem guten Inklusions-Beispiel gab es aber auch noch starke Beiträge zu den Themen Rassismus, Rechtsextremismus und zur aktuellen humanitären Katastrophe an den sogenannten EU-Außengrenzen.

Insgesamt hat Fridays For Future mit seiner Online-Demo sicherlich ein starkes Zeichen gesetzt und gezeigt, dass sie sich ungeachtet der Corona-Krise auch weiterhin für ihre Klimaziele einsetzt und politischen Druck ausübt. Gerade zu Zeiten bevorstehender milliardenschwerer Konjunkturprogramme für die Wirtschaft (u.a. für die Autoindustrie) wird die Bewegung sicherlich genau beobachten, wie stark der Klima- und Umweltschutz nun wirklich von der Politik berücksichtigt wird.

Wenn du dir den Stream im Nachhinein noch einmal in voller Länge anschauen möchtest, kannst du das hier tun:

Hier der Bericht zu der Aktion in den ARD-Tagesthemen:

Im Interview mit der ARD berichtet die FFF-Aktivistin Carla Reemtsma über die Forderungen von Fridays For Future rund um die milliardenschweren Rettungsgelder im Zuge der Corona-Krise:

Die Uhr tickt…

Am 18. Januar 2019 fanden die ersten großen und koordinierten Demos von Fridays For Future statt – unter anderem auch in Mainz. Zum einjährigen „Jubiläum“ fanden am Freitag (17.01.2020) unter dem Motto #dieuhrtickt erneut groß angelegte Demos in vielen deutschen Städten statt, zu denen alle Generationen aufgerufen waren.

Plakat 17.01. hochkant

Auch in Mainz wurde wieder im großen Stile demonstriert – organisiert von Ortsgruppen aus Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland.

12:15 Uhr: Auf dem Gutenbergplatz steht eine große Bühne mit pompösen Lautsprechern, die bis weit über den Gutenbergplatz hinaus in die Stadt und Altstadt hineinschallen. Vor der Bühne hängt ein Banner mit dem Schriftzug „Die Uhr tickt“, darüber zeigt eine große, gebastelte Uhr symbolisch die Uhrzeit 5 vor 12 an.

Die Uhr tickt_ganze Bühne

Wer die Bewegung schon länger verfolgt und auch frühere Veranstaltungen miterlebt hat, dem fällt schon auf den ersten Blick auf: Die Bewegung ist von Mal zu Mal spürbar professioneller geworden. Rund 10.000 Menschen (die Polizei spricht von 9.000, die Organisator*innen von 12.000), die sich auf dem Gutenbergplatz versammelt haben, lauschen zur Einstimmung zunächst den Klängen des Pianisten Thomas Krüger alias „Mr. Pianoman“ zu Liedern wie Imagine von John Lennon oder Schöne neue Welt von Culcha Candela.

Panorama MengeMenge & Plakat_Politiker mit Mut

Dann gibt es Redebeiträge. Maurice Conrad, einer der Redner*innen und Ortgruppenleiter von Fridays For Future in Mainz, zieht zunächst ein Fazit über das vergangene Jahr:

„Vielleicht sind wir heute 5x so viele und 5x so gut organisiert wie damals, aber der Kern ist derselbe geblieben. Der Kern ist immer noch derselbe Hilfeschrei wie vor einem Jahr. Aber wenn ich an das letzte Jahr zurückdenke, hat sich vor allem eine einzige Sache verändert: Wir haben ein Jahr weniger Zeit. Ein Jahr, in dem die politische Handlungsfähigkeit nicht gesunken, nicht stagniert, sondern gewachsen ist“.

Dabei müssten die Lösungen der Krise nicht einmal erfunden, sondern lediglich umgesetzt werden. „Die Politik müsste die Lösungen vom Tablett nehmen, auf dem sie die Wissenschaft seit Jahrzehnten präsentiert“. Das „Klimapaket der Größe einer Postkarte“, welches die Bundesregierung am 20. September 2019 verabschiedet hat, bezeichnet Conrad beispielsweise als Verhöhnung von 1,4 Mio. Menschen, die für den Klimaschutz auf die Straße gegangen seien und macht noch einmal deutlich, dass man weiter für den Klimaschutz kämpfen und unbequem bleiben werde:

„Es ist vielleicht immer noch derselbe Hilfeschrei wie vor einem Jahr. Aber hört man genau hin, merkt man, dass sich der Hilfeschrei doch verändert hat: Er ist etwas lauter, greller und existenzieller geworden. Er ist größer und unbequemer. Er macht klar: So kann es nicht sein! So kann es nicht weitergehen und so werden wir das nicht zulassen“.

Die Ansage von Fridays For Future an die Politik:

„Das ist nicht das Ende der Klimaschutzschutzbewegung in Deutschland – wir haben gerade erst begonnen“.

Die komplette Rede von Maurice Conrad als Audiomitschnitt:

Workshop zum Thema „Ökologischer Fußabdruck“ von PB2Go II

Klima- und Umweltschutz sind aktuell in aller Munde. Alle diskutieren über Flugreisen, Autofahren, Fleischkonsum, verschwenderischen Konsum etc. Aber hast du dich schon mal gefragt, wie sehr diese einzelnen Punkte wirklich ins Gewicht fallen? Wie viele Erden würden wir brauchen, wenn alle Menschen auf der Erde so leben würden wie DU? Dieser spannenden Frage sind wir in einem selbst entwickelten Workshop auf dem Demokratietag im Weiterbildungszentrum in Ingelheim am 17.10.2019 mit 20 Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren nachgegangen…

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Das Ergebnis? Wenn alle Menschen auf der Erde so leben würden wie die Workshop-Teilnehmenden, bräuchten wir 3,3 Erden! Du denkst dir: „Krasses Ergebnis, wie leben die denn“? Naja, damit lag die Gruppe gerade einmal knapp über dem deutschen Durchschnitt. Doch wie würde eigentlich ein ökologisch nachhaltigerer Lebensstil aussehen? Was könnte man konkret verändern? Falls dich diese Frage näher interessiert und du Lust auf einen Selbstversuch hast, in dem du mal 1-2 Wochen versuchst, möglichst nachhaltig zu leben, schreib uns gerne eine Mail an s.ruppert@arbeit-und-leben.de. Wir haben tolle Kooperationen (bspw. mit dem Weltladen und Unverpacktladen in Mainz) und unterstützen dich gerne mit Rat und Tat bei deinem Vorhaben! 
Du fändest es cool, wenn wir den Workshop auch in deiner Klasse halten? Kein Problem, wir kommen gerne in deine Schule. Das Ganze dauert auch nur 2 Schulstunden. Bei Interesse schreib uns gerne eine Mail an die oben genannte Email-Adresse! 😉
Hier noch ein paar Bilder der Veranstaltung und des Workshops:

Fotos der Veranstaltung:

Ein Rapper heizt den Teilnehmer*innen mit Deep Rhymes zum Thema Demokratie zu Beginn der Veranstaltung ordentlich ein…Rapper Eröffnung

Rede Malu Dreyer (Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz)Malu Dreyer 1

Podiumsdiskussion zwischen Malu Dreyer und Fridays For Future-Vertreter*innenDiskussion FFF_Malu

Der Heartbeat-Bus, bei dem man auf bekannte Lieder rappen konnte, war vor allem bei den mehr als 400 Schüler*innen auf der Veranstaltung sehr beliebt…Rapper mit EU-FlaggeRapper Action

Fotos aus dem Workshop:

Workshop Gruppe

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Das Feedback zum Workshop war durchweg positiv, obwohl die Jugendlichen von einigen Fakten teilweise sehr schockiert waren:20191017_123631

 

Video und Rede zum globalen Klimastreik am 20.09.19 in Mainz

Am 20.09.2019 wurde u.a. von Fridays For Future parallel zum UN-Klimagipfel zum globalen Klimastreik aufgerufen, zu dem neben Schüler*innen und Student*innen auch Wissenschaftler*innen, Arbeitnehmer*innen und alle anderen Menschen aufgerufen waren. Wir waren für euch in Mainz live vor Ort und haben die mit rund 10.000 Teilnehmer*innen größte Demo mitbegleitet, die es in Mainz je gegeben hat.

Dass Mainz hier sinnbildlich für viele weitere Proteste weltweit steht, seht ihr an den folgenden Fakten zum 20.09.:

  • in Berlin haben über 100.000 Menschen demonstriert, auch in anderen Städten waren hunderttausende Menschen auf den Straßen
  • New Yorks Bürgermeister De Blasio hat allen 1,4 Millionen Schüler*innen in New York frei gegeben, um an den Klimaprotesten teilzunehmen
  • es wurde weltweit in über 100 Ländern für das Klima protestiert

In Mainz gab es einen sogenannten Sternmarsch, bei dem es drei getrennte Demozüge von drei unterschiedlichen Startpunkten der Stadt gab, die sich dann zu einer gemeinsamen Kundgebung auf dem Gutenbergplatz getroffen haben:Sternmarsch

Plakat_junge SchülerInnen

Parents For Future

Protestmarsch Uni

Plakat_Kohlebagger weg vom Acker

Panorama Gutenbergplatz

Hier könnt ihr euch noch einmal ungeschnitten die leidenschaftliche Rede des Mainzer Ortsgruppenleiters von Fridays For Future, Maurice Conrad, anschauen (leider mit ein paar Wacklern, weil mein Gimbal zwischendurch abgestürzt ist, aber dennoch sehr sehenswert ;-P):

 

 

Demo in Mainz zum Klimanotstand

Am 28.08. gab es eine gemeinsame Demo von Extinction Rebellion und Fridays For Future. Hintergrund war der eigentlich geplante Ausruf des Klimanotstandes im Mainzer Rathaus, der nun jedoch aus formellen Gründen auf Ende September vertagt worden ist. Die Demo fand aber trotzdem statt. Der Oberbürgermeister der Stadt Mainz, Michael Ebling, nahm dabei sogar persönlich ein 13-seitiges Forderungspapier von Extinction Rebellion auf dem Marktplatz entgegen und versicherte, das Papier im Rathaus einzubringen und zu diskutieren. Ich habe Herrn Ebling in einem kurzen Interview gefragt, was ihn dazu bewegt hat, persönlich bei der Demo zu erscheinen:

Ich habe ebenfalls mit Stefan, einem Vertreter von Extinction Rebellion, über die Gründe einer gemeinsamen Demo mit Fridays vor Future gesprochen und ihn nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden beider Bewegungen befragt:

Nachtrag: Ursprünglich sollte der Klimanotstand bereits am 28.08. ausgerufen werden, aufgrund von Formalitäten konnte dieser jedoch erst bei der nächsten Sitzung des Mainzer Stadtrates am 25.09. vollzogen werden. Doch was bedeutet „Klimanotstand“ überhaupt? Eine kurze und aufschlussreiche Erklärung findest du in diesem tagesschau-Video:

https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-573125~player_branded-true.html

 

Interview mit Jakob Blasel (Organisator des FFF-Sommerkongresses)

Hier ist ein super interessantes Interview mit Jakob Blasel, einem der Initiatoren und Hauptorganisatoren des Sommerkongresses, das ich für euch geführt habe. Es geht u.a. um die Hintergründe, die monatelangen Orga-Arbeit, die hinter dem Kongress steckt, die Ziele und die weiteren Schritten von Fridays For Future.

Für die Durchreisenden hier kurz und knackig die Facts2go des Interviews:

+++ Ursprung des Sommerkongresses war eine Whatsapp-Nachricht

+++ Es wurde extra eine WG zur Organisation in Dortmund gegründet – mit durchgehend 10-30 Organisator*innen

+++ es wurde zwei Monate in Vollzeit (und vor allem in Freizeit!!!) organisiert

+++ rund 1.500 Schüller*innen und Student*innen nahmen am Sommerkongress teil

+++ rund 100 Schüler*innen und Student*innen halfen auf dem Sommerkongress und sorgten für einen reibungslosen Ablauf

+++ Ziele: Bildung zum Thema Klimakrise/Klimapolitik, sich untereinander kennenlernen, Strategien entwickeln, Vorbereitung auf den Generalstreik am 20.09. mit ALLEN (nicht nur Schüler*innen und Student*innen)

+++ Das Interview musste 2x kurzfristig verschoben werden, da Jakob per Funk gerufen und dringend zu einer anderen Stelle musste

Für die Fleißigen hier das komplette Interview zum Nachlesen:

Jakob, vielen Dank, dass du dir die Zeit für das kleine Interview nimmst, trotz des ganzen Trubels hier. Ich habe ja jetzt schon mitbekommen, was hier um dich herum los ist. Für die Leute, die dich noch nicht kennen: Wer bist du, wo kommst du her und wie alt bist du?

Jabob: Ich bin Jakob, ich komme ursprünglich aus Kiel, habe da 18 Jahre gelebt, bin dort   zur Schule gegangen und habe jetzt gerade Abi gemacht.

Du bist ja einer der Initiatoren und Hauptorganisatoren des Sommerkongresses. Wie kam es überhaupt dazu? Wie kam die Idee zustande, diesen Sommerkongress ins Leben zu rufen?

Jakob: Ich glaube, wir hatten ehrlich gesagt ursprünglich Bedenken, dass wir nicht so über die Sommerferien, über das „Sommerloch“ rüberkommen. Jetzt füllen wir das „Sommerloch“ ganz gut und ich mache mir da eigentlich keine Sorgen mehr, aber trotzdem ist der Sommerkongress eine riesen Gelegenheit, um gemeinsam und zusammen was zu lernen, aber auch mal in den Dialog zu kommen, sich mal in echt zu treffen und das macht glaube ich schon für so eine Bewegung ziemlich viel aus. Ursprünglich war das ‘ne Whatsapp-Nachricht von Ragna [Anm. d. Red.: Eine andere Hauptorganisatorin] und mir, wo wir dazu aufgerufen haben, diese Kongress-Arbeitsgruppe zu gründen und so ist das alles irgendwie nach und nach zustande gekommen.

Also ich meine ihr habt ja jetzt hier ein riesen Teilnehmerfeld, es sind letzten Endes knapp 1.500 Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Wie organisiert man sowas? Kannst du uns mal einen kleinen Einblick hinter die Kulissen geben, was da so dahinter steht?

Jakob: Also es hat angefangen mit einer relativ unstrukturierten Whatsapp-Gruppe und dann kamen wir so vor zwei Monaten ungefähr an den Punkt, dass wir gesagt haben: Ok, wir müssen uns mal treffen, dann kommen wir auch mal voran! Schnell wurde klar, dass das nicht reicht. Wir müssen hier vor Ort sein. Einfach, weil man so verdammt viel abklären muss. Letztendlich haben wir dann eine WG gegründet, wo dann immer so 10 Leute die ganze Zeit und bis zu 30 Leute dort gewohnt haben und da haben wir halt mehr oder weniger Vollzeit in unseren Schulferien oder Semesterferien oder in meinem Tab [Anm. d. Red.: Übergangszeit zwischen Abitur und Anfang des Studiums] hier, whatever, diesen Kongress hier organisiert, alles Logistische abgeklärt – was glaub ich so die meiste Arbeit war, das Programm geschrieben und so weiter.

Ist ja Wahnsinn! Also ihr habt extra ‘ne WG dafür gegründet, um das zu organisieren???

Jakob: Ja, anders geht das glaube ich auch nicht.

Wie viele Leute sind denn hier so in eurem Orga-Team?

Jakob: Also in der WG haben wie gesagt durchgehend so 10-15 Leute gewohnt. Die bilden so den Kernkreis von Leuten, die sich super gut kennen mittlerweile. Das war aber eigentlich immer von Anfang an offen. Es war nicht so, dass das jetzt ‘ne vorgeschriebene Gruppe war. Es war offen für alle, alle konnten in der Regel vorbeikommen. Aber drumherum gab es ein riiiesiges Helfer*innen-Team – es haben ca. 40 Leute hier mit aufgebaut und während des Kongresses helfen an die 100 Leute, dass alles reibungslos funktioniert und die brauchen wir auch. Sonst würden wir das alles nicht gestemmt kriegen.

Und wie kamt ihr auf den Standort Dortmund?

Jakob: Also einmal ist dieser Revierpark hier hammerschön. Dann ist es so, dass Dortmund ziemlich zentral liegt: Mitten im Ruhrgebiet, gut erreichbar von den meisten anderen Städten und ansonsten ist vielleicht noch ein Faktor, dass hier auch der Ort des Strukturwandels unter anderem ist. Hier in der Nähe ist das rheinische Braunkohlerevier usw., aber natürlich gibt’s da auch noch andere Faktoren. Aber das sind so die Basisgründe.

Und was sind so eure Ziele der Veranstaltung?

Jakob: Also das Ziel ist erstmal, den Teilnehmenden Bildung zum Thema Klimakrise/ Klimapolitik zu vermitteln. Dann aber auch Strategien zu entwickeln, wie wir weiter vorgehen, uns auf den 20.09. vor allem vorzubereiten, wo wir es eben nicht nur schaffen wollen, einen Schulstreik für’s Klima zu organisieren, sondern wir wollen ALLE mitnehmen. Wir wollen alle Erwachsenen aufrufen, mit uns zu streiken, wir wollen riesige Bündnisse schmieden, damit wir gemeinsam die Klimakrise stoppen können.

Jetzt vielleicht nochmal zu einem anderen Themenfeld: Wann hast du angefangen, dich bei Fridays For Future zu engagieren und zu streiken?

Jakob: Seit es Fridays for Future gibt – im Dezember (2018). Also von Beginn an.

Wie hat denn dein privates Umfeld darauf reagiert, als du damit angefangen hast? Wie war z.B. die Reaktion aus deiner Familie? Gab’s da Widerstände und hat sich da vielleicht auch was gewandelt mit der Zeit?

Jakob: Also ich fang mal mit meinen Eltern an, da gab’s einen ähnlichen Wandel wie in der Politik: Am Anfang ging’s um’s Fehlen in der Schule und mittlerweile geht’s eher darum, dass sie sich weniger Sorgen um das Fehlen in der Schule machen – also auch schon während der Schulzeit – sondern mehr darum, dass ich mich sozusagen mit Engagement überlaste. Aber letztendlich fanden meine Eltern das auch immer cool, dass ich mich so für ein Thema einsetze. Da waren meine Eltern eigentlich grundsätzlich total begeistert, dass ich mich da politisch engagiere. Auch wenn sie das nicht so cool fanden, dass ich im Unterricht fehle. In meinem privaten Umfeld war es so, dass ich auch einen Großteil meiner Freunde eingebunden habe in Fridays For Future. Dadurch ist ein großer Teil meines privaten Umfeldes sozusagen mit mir gewandert, aber es ist auch einfach so, dass ich für viele Beziehungen, die jetzt nichts mit Fridays For Future zu tun haben, keine Zeit mehr habe. Ich habe jetzt halt zwei Monate auch in Dortmund gewohnt. Da wurde ich zwar auch von ein paar Freunden besucht, aber ansonsten ist es einfach so, dass das im Moment mein Hauptding ist, worum sich mein Leben gerade dreht.

Und wie war das so in deiner Schule? Wie waren da die Reaktionen? Also wenn du jetzt freitags gefehlt hast und auch so von den Lehrer*innen, von den Klassenkamerad*innen? Gab’s da auch Klassenkamerad*innen, die mit dir streiken gegangen sind?

Jakob: Ja, also die Klassenkamerad*innen haben auch gerne mal mitgemacht. Die fanden das auch innerlich oft total cool und haben das eigentlich weitestgehend unterstützt. Bei den Lehrkräften sah das dann doch zwiespältiger aus. Einige haben sich da irgendwie in ihrer Integrität verletzt gefühlt, einige fanden’s aber auch super cool und haben das stumm unterstützt, würde ich sagen. Für die Schulleitung war das glaube ich eine extrem schwierige Zeit, weil sie auch extrem verunsichert waren vom Ministerium und so weiter und die haben sich glaube ich auch teilweise in ihrer Integrität verletzt gefühlt, aber die haben sich grundsätzlich auch Mühe gegeben, da fair mit umzugehen.

Also du hattest da jetzt nicht mit harten Konsequenzen zu tun?

Jakob: Also ich würde sagen, ich hatte schon sehr viel Stress damit in der Schule, aber die Konsequenzen von der Schule waren jetzt nicht so groß.

Dann nochmal so zur Entwicklung von Fridays For Future: Greta Thunberg saß ja vor ziemlich genau einem Jahr am 20. August 2018 das erste Mal mit einem kleinen Plakat mit der Aufschrift „Schulstreik für’s Klima“ vor dem schwedischen Reichstagsgebäude, in Deutschland wurde am 07. Dezember 2018 das erste Mal gestreikt. Mittlerweile gibt es deutschlandweit ca. 500 Ortsgruppen, am 24. Mai sind 300.000 Demonstant*innen auf die Straße gegangen, Ende Juni waren es bei einer Aktion gegen Braunkohle in Aachen 20.000 Teilnehmer*innen, jetzt hier bei dem Sommerkongress in den Ferien 1.500. Was würdest du sagen, was hat sich seit Beginn eures Streiks schon getan? Was habt ihr erreicht und was nicht?

Jakob: Also der 14. Dezember war das erste Mal, wo es wirklich so richtig koordiniert war. Davor war das eher so…also es war noch nicht unter dem Fridays For Future-Label. Was wir erreicht haben, ist ‘ne Debatte. Aber das, was mich an der Debatte stört, ist, dass ‘ne Debatte kein einziges Gramm CO2 einspart und das ist eine ziemlich schlechte Bilanz. Die Regierung hat da immer noch nicht gehandelt und der Kurs, auf dem wir uns gerade befinden, macht mir ehrlich gesagt ziemlich viel Angst. Also da muss sich schnell drastisch was ändern, sonst stecken wir echt richtig in der Scheiße.

Was hast du für Eindrücke von diesem Sommerkongress gewonnen?

Jakob: Ich bin ehrlich gesagt nicht überrascht von dem, was hier passiert ist, aber immer noch begeistert. Also es ist einfach Wahnsinn, wie viele Teilnehmende hier zusammenkommen und so diese gesamte Grundstimmung, die hier herrscht. Einfach die gesamte Atmosphäre, die irgendwie dafür sorgt, dass alle die Begeisterung und die Energie, die sie haben für die Klimastreiks, auf andere übertragen und es ist einfach so ‘ne Aufbruchstimmung hier und das finde ich einfach total spannend.

Dann noch eine Abschlussfrage zur Zukunftsperspektive von Fridays For Future, denn darum geht es ja auch ein ganzes Stück weit bei eurer Veranstaltung: Wie geht es jetzt nach dem Sommerkongress weiter mit Fridays For Future? Was sind eure nächsten Schritte? Gibt es jetzt noch größere, ausgeweitete Demonstrationen wie in Köln beispielsweise? Gibt’s noch neue Aktionen?

Jakob: Wir wollen einen radikalen Schritt gehen. Wir wollen ALLE mit einbeziehen: Es soll nicht mehr nur noch sein, dass Schülerinnen und Schüler streiken, wir wollen Klimastreik mit allen. Wir rufen am 20.09. alle dazu auf, mit uns zu demonstrieren. Eine Wende und eine Veränderung kann nur passieren, wenn alle wirklich mitmachen. Anders geht es nicht. Das ist glaube ich die einzige Möglichkeit, wie wir die Klimakrise jetzt noch stoppen können.
Das Interview führte Sören Ruppert am 03.08.2019 auf dem Sommerkongress von Fridays For Future im Revierpark Wischlingen in Dortmund.