Workshop zum Thema „Ökologischer Fußabdruck“ von PB2Go II

Klima- und Umweltschutz sind aktuell in aller Munde. Alle diskutieren über Flugreisen, Autofahren, Fleischkonsum, verschwenderischen Konsum etc. Aber hast du dich schon mal gefragt, wie sehr diese einzelnen Punkte wirklich ins Gewicht fallen? Wie viele Erden würden wir brauchen, wenn alle Menschen auf der Erde so leben würden wie DU? Dieser spannenden Frage sind wir in einem selbst entwickelten Workshop auf dem Demokratietag im Weiterbildungszentrum in Ingelheim am 17.10.2019 mit 20 Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren nachgegangen…

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Das Ergebnis? Wenn alle Menschen auf der Erde so leben würden wie die Workshop-Teilnehmenden, bräuchten wir 3,3 Erden! Du denkst dir: „Krasses Ergebnis, wie leben die denn“? Naja, damit lag die Gruppe gerade einmal knapp über dem deutschen Durchschnitt. Doch wie würde eigentlich ein ökologisch nachhaltigerer Lebensstil aussehen? Was könnte man konkret verändern? Falls dich diese Frage näher interessiert und du Lust auf einen Selbstversuch hast, in dem du mal 1-2 Wochen versuchst, möglichst nachhaltig zu leben, schreib uns gerne eine Mail an s.ruppert@arbeit-und-leben.de. Wir haben tolle Kooperationen (bspw. mit dem Weltladen und Unverpacktladen in Mainz) und unterstützen dich gerne mit Rat und Tat bei deinem Vorhaben! 
Du fändest es cool, wenn wir den Workshop auch in deiner Klasse halten? Kein Problem, wir kommen gerne in deine Schule. Das Ganze dauert auch nur 2 Schulstunden. Bei Interesse schreib uns gerne eine Mail an die oben genannte Email-Adresse! 😉
Hier noch ein paar Bilder der Veranstaltung und des Workshops:

Fotos der Veranstaltung:

Ein Rapper heizt den Teilnehmer*innen mit Deep Rhymes zum Thema Demokratie zu Beginn der Veranstaltung ordentlich ein…Rapper Eröffnung

Rede Malu Dreyer (Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz)Malu Dreyer 1

Podiumsdiskussion zwischen Malu Dreyer und Fridays For Future-Vertreter*innenDiskussion FFF_Malu

Der Heartbeat-Bus, bei dem man auf bekannte Lieder rappen konnte, war vor allem bei den mehr als 400 Schüler*innen auf der Veranstaltung sehr beliebt…Rapper mit EU-FlaggeRapper Action

Fotos aus dem Workshop:

Workshop Gruppe

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Das Feedback zum Workshop war durchweg positiv, obwohl die Jugendlichen von einigen Fakten teilweise sehr schockiert waren:20191017_123631

 

Video und Rede zum globalen Klimastreik am 20.09.19 in Mainz

Am 20.09.2019 wurde u.a. von Fridays For Future parallel zum UN-Klimagipfel zum globalen Klimastreik aufgerufen, zu dem neben Schüler*innen und Student*innen auch Wissenschaftler*innen, Arbeitnehmer*innen und alle anderen Menschen aufgerufen waren. Wir waren für euch in Mainz live vor Ort und haben die mit rund 10.000 Teilnehmer*innen größte Demo mitbegleitet, die es in Mainz je gegeben hat.

Dass Mainz hier sinnbildlich für viele weitere Proteste weltweit steht, seht ihr an den folgenden Fakten zum 20.09.:

  • in Berlin haben über 100.000 Menschen demonstriert, auch in anderen Städten waren hunderttausende Menschen auf den Straßen
  • New Yorks Bürgermeister De Blasio hat allen 1,4 Millionen Schüler*innen in New York frei gegeben, um an den Klimaprotesten teilzunehmen
  • es wurde weltweit in über 100 Ländern für das Klima protestiert

In Mainz gab es einen sogenannten Sternmarsch, bei dem es drei getrennte Demozüge von drei unterschiedlichen Startpunkten der Stadt gab, die sich dann zu einer gemeinsamen Kundgebung auf dem Gutenbergplatz getroffen haben:Sternmarsch

Plakat_junge SchülerInnen

Parents For Future

Protestmarsch Uni

Plakat_Kohlebagger weg vom Acker

Panorama Gutenbergplatz

Hier könnt ihr euch noch einmal ungeschnitten die leidenschaftliche Rede des Mainzer Ortsgruppenleiters von Fridays For Future, Maurice Conrad, anschauen (leider mit ein paar Wacklern, weil mein Gimbal zwischendurch abgestürzt ist, aber dennoch sehr sehenswert ;-P):

 

 

Demo in Mainz zum Klimanotstand

Am 28.08. gab es eine gemeinsame Demo von Extinction Rebellion und Fridays For Future. Hintergrund war der eigentlich geplante Ausruf des Klimanotstandes im Mainzer Rathaus, der nun jedoch aus formellen Gründen auf Ende September vertagt worden ist. Die Demo fand aber trotzdem statt. Der Oberbürgermeister der Stadt Mainz, Michael Ebling, nahm dabei sogar persönlich ein 13-seitiges Forderungspapier von Extinction Rebellion auf dem Marktplatz entgegen und versicherte, das Papier im Rathaus einzubringen und zu diskutieren. Ich habe Herrn Ebling in einem kurzen Interview gefragt, was ihn dazu bewegt hat, persönlich bei der Demo zu erscheinen:

Ich habe ebenfalls mit Stefan, einem Vertreter von Extinction Rebellion, über die Gründe einer gemeinsamen Demo mit Fridays vor Future gesprochen und ihn nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden beider Bewegungen befragt:

Nachtrag: Ursprünglich sollte der Klimanotstand bereits am 28.08. ausgerufen werden, aufgrund von Formalitäten konnte dieser jedoch erst bei der nächsten Sitzung des Mainzer Stadtrates am 25.09. vollzogen werden. Doch was bedeutet „Klimanotstand“ überhaupt? Eine kurze und aufschlussreiche Erklärung findest du in diesem tagesschau-Video:

https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-573125~player_branded-true.html

 

Interview mit Jakob Blasel (Organisator des FFF-Sommerkongresses)

Hier ist ein super interessantes Interview mit Jakob Blasel, einem der Initiatoren und Hauptorganisatoren des Sommerkongresses, das ich für euch geführt habe. Es geht u.a. um die Hintergründe, die monatelangen Orga-Arbeit, die hinter dem Kongress steckt, die Ziele und die weiteren Schritten von Fridays For Future.

Für die Durchreisenden hier kurz und knackig die Facts2go des Interviews:

+++ Ursprung des Sommerkongresses war eine Whatsapp-Nachricht

+++ Es wurde extra eine WG zur Organisation in Dortmund gegründet – mit durchgehend 10-30 Organisator*innen

+++ es wurde zwei Monate in Vollzeit (und vor allem in Freizeit!!!) organisiert

+++ rund 1.500 Schüller*innen und Student*innen nahmen am Sommerkongress teil

+++ rund 100 Schüler*innen und Student*innen halfen auf dem Sommerkongress und sorgten für einen reibungslosen Ablauf

+++ Ziele: Bildung zum Thema Klimakrise/Klimapolitik, sich untereinander kennenlernen, Strategien entwickeln, Vorbereitung auf den Generalstreik am 20.09. mit ALLEN (nicht nur Schüler*innen und Student*innen)

+++ Das Interview musste 2x kurzfristig verschoben werden, da Jakob per Funk gerufen und dringend zu einer anderen Stelle musste

Für die Fleißigen hier das komplette Interview zum Nachlesen:

Jakob, vielen Dank, dass du dir die Zeit für das kleine Interview nimmst, trotz des ganzen Trubels hier. Ich habe ja jetzt schon mitbekommen, was hier um dich herum los ist. Für die Leute, die dich noch nicht kennen: Wer bist du, wo kommst du her und wie alt bist du?

Jabob: Ich bin Jakob, ich komme ursprünglich aus Kiel, habe da 18 Jahre gelebt, bin dort   zur Schule gegangen und habe jetzt gerade Abi gemacht.

Du bist ja einer der Initiatoren und Hauptorganisatoren des Sommerkongresses. Wie kam es überhaupt dazu? Wie kam die Idee zustande, diesen Sommerkongress ins Leben zu rufen?

Jakob: Ich glaube, wir hatten ehrlich gesagt ursprünglich Bedenken, dass wir nicht so über die Sommerferien, über das „Sommerloch“ rüberkommen. Jetzt füllen wir das „Sommerloch“ ganz gut und ich mache mir da eigentlich keine Sorgen mehr, aber trotzdem ist der Sommerkongress eine riesen Gelegenheit, um gemeinsam und zusammen was zu lernen, aber auch mal in den Dialog zu kommen, sich mal in echt zu treffen und das macht glaube ich schon für so eine Bewegung ziemlich viel aus. Ursprünglich war das ‘ne Whatsapp-Nachricht von Ragna [Anm. d. Red.: Eine andere Hauptorganisatorin] und mir, wo wir dazu aufgerufen haben, diese Kongress-Arbeitsgruppe zu gründen und so ist das alles irgendwie nach und nach zustande gekommen.

Also ich meine ihr habt ja jetzt hier ein riesen Teilnehmerfeld, es sind letzten Endes knapp 1.500 Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Wie organisiert man sowas? Kannst du uns mal einen kleinen Einblick hinter die Kulissen geben, was da so dahinter steht?

Jakob: Also es hat angefangen mit einer relativ unstrukturierten Whatsapp-Gruppe und dann kamen wir so vor zwei Monaten ungefähr an den Punkt, dass wir gesagt haben: Ok, wir müssen uns mal treffen, dann kommen wir auch mal voran! Schnell wurde klar, dass das nicht reicht. Wir müssen hier vor Ort sein. Einfach, weil man so verdammt viel abklären muss. Letztendlich haben wir dann eine WG gegründet, wo dann immer so 10 Leute die ganze Zeit und bis zu 30 Leute dort gewohnt haben und da haben wir halt mehr oder weniger Vollzeit in unseren Schulferien oder Semesterferien oder in meinem Tab [Anm. d. Red.: Übergangszeit zwischen Abitur und Anfang des Studiums] hier, whatever, diesen Kongress hier organisiert, alles Logistische abgeklärt – was glaub ich so die meiste Arbeit war, das Programm geschrieben und so weiter.

Ist ja Wahnsinn! Also ihr habt extra ‘ne WG dafür gegründet, um das zu organisieren???

Jakob: Ja, anders geht das glaube ich auch nicht.

Wie viele Leute sind denn hier so in eurem Orga-Team?

Jakob: Also in der WG haben wie gesagt durchgehend so 10-15 Leute gewohnt. Die bilden so den Kernkreis von Leuten, die sich super gut kennen mittlerweile. Das war aber eigentlich immer von Anfang an offen. Es war nicht so, dass das jetzt ‘ne vorgeschriebene Gruppe war. Es war offen für alle, alle konnten in der Regel vorbeikommen. Aber drumherum gab es ein riiiesiges Helfer*innen-Team – es haben ca. 40 Leute hier mit aufgebaut und während des Kongresses helfen an die 100 Leute, dass alles reibungslos funktioniert und die brauchen wir auch. Sonst würden wir das alles nicht gestemmt kriegen.

Und wie kamt ihr auf den Standort Dortmund?

Jakob: Also einmal ist dieser Revierpark hier hammerschön. Dann ist es so, dass Dortmund ziemlich zentral liegt: Mitten im Ruhrgebiet, gut erreichbar von den meisten anderen Städten und ansonsten ist vielleicht noch ein Faktor, dass hier auch der Ort des Strukturwandels unter anderem ist. Hier in der Nähe ist das rheinische Braunkohlerevier usw., aber natürlich gibt’s da auch noch andere Faktoren. Aber das sind so die Basisgründe.

Und was sind so eure Ziele der Veranstaltung?

Jakob: Also das Ziel ist erstmal, den Teilnehmenden Bildung zum Thema Klimakrise/ Klimapolitik zu vermitteln. Dann aber auch Strategien zu entwickeln, wie wir weiter vorgehen, uns auf den 20.09. vor allem vorzubereiten, wo wir es eben nicht nur schaffen wollen, einen Schulstreik für’s Klima zu organisieren, sondern wir wollen ALLE mitnehmen. Wir wollen alle Erwachsenen aufrufen, mit uns zu streiken, wir wollen riesige Bündnisse schmieden, damit wir gemeinsam die Klimakrise stoppen können.

Jetzt vielleicht nochmal zu einem anderen Themenfeld: Wann hast du angefangen, dich bei Fridays For Future zu engagieren und zu streiken?

Jakob: Seit es Fridays for Future gibt – im Dezember (2018). Also von Beginn an.

Wie hat denn dein privates Umfeld darauf reagiert, als du damit angefangen hast? Wie war z.B. die Reaktion aus deiner Familie? Gab’s da Widerstände und hat sich da vielleicht auch was gewandelt mit der Zeit?

Jakob: Also ich fang mal mit meinen Eltern an, da gab’s einen ähnlichen Wandel wie in der Politik: Am Anfang ging’s um’s Fehlen in der Schule und mittlerweile geht’s eher darum, dass sie sich weniger Sorgen um das Fehlen in der Schule machen – also auch schon während der Schulzeit – sondern mehr darum, dass ich mich sozusagen mit Engagement überlaste. Aber letztendlich fanden meine Eltern das auch immer cool, dass ich mich so für ein Thema einsetze. Da waren meine Eltern eigentlich grundsätzlich total begeistert, dass ich mich da politisch engagiere. Auch wenn sie das nicht so cool fanden, dass ich im Unterricht fehle. In meinem privaten Umfeld war es so, dass ich auch einen Großteil meiner Freunde eingebunden habe in Fridays For Future. Dadurch ist ein großer Teil meines privaten Umfeldes sozusagen mit mir gewandert, aber es ist auch einfach so, dass ich für viele Beziehungen, die jetzt nichts mit Fridays For Future zu tun haben, keine Zeit mehr habe. Ich habe jetzt halt zwei Monate auch in Dortmund gewohnt. Da wurde ich zwar auch von ein paar Freunden besucht, aber ansonsten ist es einfach so, dass das im Moment mein Hauptding ist, worum sich mein Leben gerade dreht.

Und wie war das so in deiner Schule? Wie waren da die Reaktionen? Also wenn du jetzt freitags gefehlt hast und auch so von den Lehrer*innen, von den Klassenkamerad*innen? Gab’s da auch Klassenkamerad*innen, die mit dir streiken gegangen sind?

Jakob: Ja, also die Klassenkamerad*innen haben auch gerne mal mitgemacht. Die fanden das auch innerlich oft total cool und haben das eigentlich weitestgehend unterstützt. Bei den Lehrkräften sah das dann doch zwiespältiger aus. Einige haben sich da irgendwie in ihrer Integrität verletzt gefühlt, einige fanden’s aber auch super cool und haben das stumm unterstützt, würde ich sagen. Für die Schulleitung war das glaube ich eine extrem schwierige Zeit, weil sie auch extrem verunsichert waren vom Ministerium und so weiter und die haben sich glaube ich auch teilweise in ihrer Integrität verletzt gefühlt, aber die haben sich grundsätzlich auch Mühe gegeben, da fair mit umzugehen.

Also du hattest da jetzt nicht mit harten Konsequenzen zu tun?

Jakob: Also ich würde sagen, ich hatte schon sehr viel Stress damit in der Schule, aber die Konsequenzen von der Schule waren jetzt nicht so groß.

Dann nochmal so zur Entwicklung von Fridays For Future: Greta Thunberg saß ja vor ziemlich genau einem Jahr am 20. August 2018 das erste Mal mit einem kleinen Plakat mit der Aufschrift „Schulstreik für’s Klima“ vor dem schwedischen Reichstagsgebäude, in Deutschland wurde am 07. Dezember 2018 das erste Mal gestreikt. Mittlerweile gibt es deutschlandweit ca. 500 Ortsgruppen, am 24. Mai sind 300.000 Demonstant*innen auf die Straße gegangen, Ende Juni waren es bei einer Aktion gegen Braunkohle in Aachen 20.000 Teilnehmer*innen, jetzt hier bei dem Sommerkongress in den Ferien 1.500. Was würdest du sagen, was hat sich seit Beginn eures Streiks schon getan? Was habt ihr erreicht und was nicht?

Jakob: Also der 14. Dezember war das erste Mal, wo es wirklich so richtig koordiniert war. Davor war das eher so…also es war noch nicht unter dem Fridays For Future-Label. Was wir erreicht haben, ist ‘ne Debatte. Aber das, was mich an der Debatte stört, ist, dass ‘ne Debatte kein einziges Gramm CO2 einspart und das ist eine ziemlich schlechte Bilanz. Die Regierung hat da immer noch nicht gehandelt und der Kurs, auf dem wir uns gerade befinden, macht mir ehrlich gesagt ziemlich viel Angst. Also da muss sich schnell drastisch was ändern, sonst stecken wir echt richtig in der Scheiße.

Was hast du für Eindrücke von diesem Sommerkongress gewonnen?

Jakob: Ich bin ehrlich gesagt nicht überrascht von dem, was hier passiert ist, aber immer noch begeistert. Also es ist einfach Wahnsinn, wie viele Teilnehmende hier zusammenkommen und so diese gesamte Grundstimmung, die hier herrscht. Einfach die gesamte Atmosphäre, die irgendwie dafür sorgt, dass alle die Begeisterung und die Energie, die sie haben für die Klimastreiks, auf andere übertragen und es ist einfach so ‘ne Aufbruchstimmung hier und das finde ich einfach total spannend.

Dann noch eine Abschlussfrage zur Zukunftsperspektive von Fridays For Future, denn darum geht es ja auch ein ganzes Stück weit bei eurer Veranstaltung: Wie geht es jetzt nach dem Sommerkongress weiter mit Fridays For Future? Was sind eure nächsten Schritte? Gibt es jetzt noch größere, ausgeweitete Demonstrationen wie in Köln beispielsweise? Gibt’s noch neue Aktionen?

Jakob: Wir wollen einen radikalen Schritt gehen. Wir wollen ALLE mit einbeziehen: Es soll nicht mehr nur noch sein, dass Schülerinnen und Schüler streiken, wir wollen Klimastreik mit allen. Wir rufen am 20.09. alle dazu auf, mit uns zu demonstrieren. Eine Wende und eine Veränderung kann nur passieren, wenn alle wirklich mitmachen. Anders geht es nicht. Das ist glaube ich die einzige Möglichkeit, wie wir die Klimakrise jetzt noch stoppen können.
Das Interview führte Sören Ruppert am 03.08.2019 auf dem Sommerkongress von Fridays For Future im Revierpark Wischlingen in Dortmund.

Hintergründe zum Sommerkongress von Fridays For Future in Dortmund

Ich war für euch live vor Ort auf dem Sommerkongress von Fridays For Future in Dortmund (31.07.-04.08.2019) und habe mir für euch angeschaut, was da so abging. Die eingefangenen Eindrücke (darunter auch viele Bilder und Videos) habe ich hier für euch zusammengefasst:

Für die Durchreisenden hier kurz und knackig die Facts2go zum Sommerkongress:

 

+++  Es wurde extra eine WG zur Organisation in Dortmund gegründet – mit durchgehend 10-30 Schüler*innen und Student*innen 

+++  Auf der 5-tägigen Veranstaltung gab es u.a. 6 Podiumsdiskussionen, über 150 Workshops, Vernetzungstreffen und eine Groß-Demo mit über 20 Einzelaktionen in der Dortmunder Innenstadt

+++ Es haben rund 1.500 Schüler*innen und Student*innen an dem Sommerkongress teilgenommen (anmelden konnten sich Schüler*innen und Student*innen bis 28 Jahre).

+++ Der Teilnehmenden-Beitrag wurde solidarisch verteilt (jeder nach seinen Möglichkeiten) 

+++ Die Teilnehmer*innen übernachteten in Zelten (47 Großzelte und etliche Kleinzelte) auf dem Kongressgelände 

+++ Der Kongress fand IN DEN SCHULFERIEN statt 

+++ Der Kongress wurde KLIMANEUTRAL organisiert 

+++ Rund 100 Schüler*innen und Student*innen halfen auf dem Sommerkongress und sorgten für einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung 

+++ Die Ziele des Sommerkongresses: Bildung zum Thema Klimakrise/Klimapolitik, sich untereinander kennenlernen, Strategien entwickeln, Vorbereitung auf den Generalstreik am 20.09. mit ALLEN (nicht nur Schüler*innen und Student*innen)

Für die Fleißigen hier der ausführliche Bericht zum Sommerkongress und den Hintergründen:

Es ist Donnerstag, der 1. August 2019, 13:45 Uhr. Ich betrete den Revierpark Wischlingen, den Ort, an dem gerade der Sommerkongress von Fridays For Future stattfindet. Der Sommerkongress ist bereits seit gestern am Laufen, doch da gestern „nur“ das Arrivalprogramm stattfand, komme ich erst heute an, werde dafür aber die kommenden drei Tage des Sommerkongresses begleiten. Ich habe Zeitdruck, denn die Bahn hatte – Überraschung – Verspätung und die ersten Podiumsdiskussionen und Workshops fangen um 14 Uhr an. Ich muss mich noch im Pressezelt akkreditieren, habe noch keinen Workshop-Plan und muss mich noch auf dem Gelände orientieren – ich habe Zweifel, ob ich das schaffe. Ich schaue etwas fragend auf einen Lageplan, der mir vorab zugeschickt wurde, doch sofort spricht mich eine junge Dame an und fragt, ob sie mir helfen könne. Sie zeigt mir den Weg zum Pressezelt, wo mich ein Team von Organisator*innen empfängt, mich in wenigen Sekunden akkreditiert, mir den Workshop-Plan zeigt und klar strukturiert die wichtigsten Infos in 2 Minuten erklärt. Absolut reibungslos! Ich habe es geschafft, ich bin pünktlich. Ich entscheide mich für die Podiumsdiskussion „Klimaschutz – alles Aufgabe der Politik?“ Gäste sind u.a. Pia Jorks, Vorsitzende von Klimadelegation e.V. und Vertreterin einer Jugenddelegation bei den letzten Klimakonferenzen der Vereinten Nationen sowie die Umweltaktivistin Indigo, die durch die Besetzung des Hambacher Forsts im letzten Jahr bekannt geworden ist und die Verkehrsforscherin Anne Klein-Hitpaß von der Agora Verkehrswende. Bereits zu Beginn wird bei der Frage, ob Klimaschutz eher Aufgabe der Politik oder Aufgabe jedes Einzelnen sei, deutlich, dass beide Sichtweisen bei Fridays For Future vertreten sind:

Verkehrsforscherin Anne Klein-Hitpaß bezeichnet den Klimaschutz dabei als „klassische Aufgabe der Politik“. In der Diskussion und auf der ganzen Veranstaltung wird deutlich: Ein Schwarz-Weiß-Denken im Sinne von entweder/oder gibt es hier nicht. Es geht nicht darum, nur mit dem Finger auf die Politik zu zeigen. Nein, man will auch mit gutem Beispiel voran gehen – und das tut man auch. Der Kongress ist klimaneutral organisiert: Die mobilen Toiletten sind mit Sägespänen statt mit Chemie gefüllt, Papiertücher für die Hände sucht man selbst auf den Toiletten in den Gebäuden vergeblich. Stattdessen sind Handtücher ausgelegt. Am Kiosk werden ausschließlich (meist regionale) Bio-Produkte verkauft, für die es keine Festpreise, sondern lediglich Preisempfehlungen gibt. Jede/r kann nach seinen Möglichkeiten entscheiden, was er für die Produkte zahlen möchte. Die Essensversorgung ist ausschließlich vegan. Die benötigten unverpackten Lebensmittel sind dabei teilweise gekauft, teilweise gespendet und teilweise vor dem Wegwerfen gerettet. Auf Plastik wird verzichtet, wo immer es irgendwie möglich ist. Generell sucht man herumliegenden Müll auf dem Kongressgelände vergeblich. Sein Besteck wäscht jeder selber in eingerichteten Spül-Stationen mit Wasserkanistern zur Vorwäsche, Hauptwäsche und Nachwäsche. Anregungen zu ökologisch sinnvollen Alternativen, über die man vielleicht noch nie in seinem Leben nachgedacht hat, bekommt man quasi „to go“ an jeder Ecke. Apropos „to go“: Seinen Cappuccino mit Hafermilch bekommt man hier gegen Pfand in sogenannten „Recups“ unter dem Credo „return. reuse. recycle“.

Aber zurück zur Podiumsdiskussion: Nach einer intensiven Diskussion haben die Teilnehmer*innen die Möglichkeit, ihre ganz persönlichen Fragen an die Podiums-Redner*innen zu stellen. So geht es bspw. noch um die Fragen, inwiefern Flugreisen von FFF-Vertreter*innen zu UN-Klimakonferenzen legitim wären oder inwiefern die Erreichung des 1,5 Grad-Ziels aus dem Pariser Klimaabkommen noch realistisch ist:

Die Ergebnisse der Podiumsdiskussionen werden dabei von Profi-Grafikern simultan visualisiert (auch graphic recording genannt), also während der Veranstaltung auf einer großen Leinwand festgehalten. Das sieht in diesem Falle dann so aus:

5. Graphic-Recording

Nach der Podiumsdiskussion geht es für mich weiter zur Aktionsvorbereitung auf der großen Freilichtbühne, denn am morgigen Freitag ist eine koordinierte Demo durch die Dortmunder Innenstadt mit allen Kongressteilnehmer*innen geplant. Ich erfahre, dass neben der gemeinsamen Groß-Demo auch noch 20 Kleingruppen-Aktionen vor verschiedenen Unternehmen in der Stadt geplant sind – darunter beispielsweise DM, Decathlon, Karstadt und einige Banken. Als die Gruppenaktionen vorgestellt werden, wird klar, dass hier nicht an Kreativität gespart wurde. Vor einer Bank soll bspw. mitten auf dem Asphalt Blumenerde aufgeschüttet und etliche Blumen gepflanzt werden – gespendet von Blumenläden, die die Blumen sonst ohnehin weggeworfen hätten.

6. Aktionsplanung

Freitag, 9 Uhr am Hauptbahnhof Dortmund. Vor der Kulisse des deutschen Fußball-Museums sitzen bereits hunderte Kongress-Teilnehmer*innen mit unzähligen Fahnen und Plakaten auf dem Bahnhofsvorplatz. Immer wieder stimmt eine/r der Gruppe eine der zahlreichen Parolen an, der Rest brüllt es aus voller Kehle nach. „Kohlekonzerne baggern in der Ferne, zerstören uns’re Umwelt – nur für ein Batzen Geld“. Aus dem Bahnhofseingang strömen immer wieder weitere FFFler und schließen sich der immer größer werdenden Gruppe an, denn die Kongressteilnehmer mussten sich aufgrund der hohen Personenanzahl auf mehrere S-Bahnen aufteilen. Als der letzte Schub aus dem Haupteingang herausströmt, erhebt sich plötzlich die Gruppe, läuft den anderen entgegen und setzt sich an einer Fußgängerampel mitten auf die große Straße. Es kommt zum Sitzstreik. Spontan und ungeplant, wie sich herausstellt. Der Startschuss! „Gib mir ein S. Gib mir ein U. Gib mir ein V. Was ist das? – SCHEIßE!“. Schnell werden die ersten Autofahrer*innen unruhig, doch die Aktion dauert auch nur rund eine Minute. Dann setzt sich die Menge Richtung Innenstadt in Bewegung. „What do we want? – CLIMATE JUSTICE! When do we want it? – NOW!”. Nach einem Marsch von ca. 10 Minuten versammelt sich der Protestmarsch vor der St. Petri-Kirche. Begleitet von weiteren Parolen heizt die Musik-Gruppe Brass Riot mit Schlagzeuger und Saxophon den jungen Protestler*innen ordentlich ein und sorgt für ein regelrechtes Stimmungshoch.

Mitten in dieses Stimmungshoch mischt sich jedoch auch eine vehemente Gegenstimme. Ein älterer Herr läuft aufgebracht und wild gestikulierend durch die Menge und brüllt : „Das hatten wir 1970 auch schon. So ein Unsinn!“. Die Demo-Teilnehmer*innen bleiben jedoch cool, sagen Dinge wie „Darüber gibt es unterschiedliche Ansichten“ oder „das ist Ihre Meinung, die Wissenschaft sieht das anders“ und setzen ihren Demo-Zug unbeirrt fort. Mit „Lauti“, wie die Demontrant*innen ihren Lautsprecher-Wagen nennen, geht es mit Liedern wie „Fäuste hoch“ von Irie Révolté oder „Wind of change“ von den Scorpions durch die Dortmunder Innenstadt, über eine abgesperrte, viel befahrene Straße bis hin zu einem Platz, an dem sich die Gruppe noch einmal versammelt.

Es gibt Reden und Plädoyers von FFFler*innen, aber auch eine Vertreterin von Scientists for Future – Laura Herzog, Politikwissenschaftlerin mit dem Fokus auf Umweltpolitik und Wassermanagement – hält eine Rede, in der sie wissenschaftliche Fakten präsentiert und ihren Dank an die Bewegung zum Ausdruck bringt: „Was ihr bewegt und möglich macht und was ihr in so vielen Ländern angestoßen habt, ist phenomenal und verdient unser aller Respekt und Bewunderung“. Die Organisation des Sommerkongresses sei zudem „absolut genial und großartig“. Nach den Reden finden sich die Kleingruppen zusammen, die am Vortag ihre jeweiligen Aktionen geplant haben und teilen sich in sogenannten „Tentakeln“ in alle möglichen Himmelsrichtungen auf, um vor den verschiedensten Unternehmen ihre Aktionen durchzuführen. Ich begleite zuerst die „Fisch“-Aktion im DM und anschließend die „Fahrrad“-Aktion vor dem Decathlon.

Nach insgesamt über drei Stunden ist die Demo dann vorbei. Schnell wieder hoch auf’s Kongressgelände in der viel zu überfüllten U-Bahn, schnell auf dem Weg was gegessen und weiter geht’s mit den nächsten Workshop-Angeboten und Podiumsdiskussionen. Ich besuche die Podiumsdiskussion „We Spoke! Act Now!“, in der die Forderungen von Fridays For Future noch einmal thematisiert und diskutiert werden und führe danach noch ein Interview mit Sascha Grieme, dem ehemaligen Ortsgruppenleiter von Mainz, der auch bereits an einem runden Tisch mit Vertretern von Fridays For Future und Bundestagsabgeordneten der fünf Fraktionen teilgenommen hat. Sascha Grieme ist bereits seit den Anfängen von Fridays For Future dabei und hat auch schon auf einer Diskussion zwischen Vertreter*innen der Fraktionen des Bundestages sowie Vertreter*innen von Fridays For Future teilgenommen. Sebastians Eindruck von der Diskussion? „Ich denke, es ist noch einmal dramatisch klar geworden, dass keine Partei ein Konzept hat, das 1,5 Grad-Ziel einzuhalten. Dass es zwar Unterschiede zwischen den Parteien gibt, dass sie aber massiv nachschärfen müssen, um eine Politik machen zu können, die auch nur ansatzweise mit einer Politik vereinbar ist, die sie uns versprochen haben. Das Bild, das ich derzeit gerade von den großen Parteien habe, ist, dass sich viele Politiker*innen nicht mit dem Thema Klima auseinandergesetzt haben, dass viele Politiker*innen keine Ahnung haben, wie groß die Bedrohung ist und dass viele Politiker*innen keine Ahnung haben, wie sie darauf reagieren sollten. Das ist inakzeptabel, weil es das größte Problem unserer Zeit ist und da sollte jetzt mit Höchstdruck dran gearbeitet werden – und zwar am 1,5-Grad-Ziel und nicht an irgendwelchen Symbol-Maßnahmen“. Wer sich selbst einen Eindruck von der Diskussion machen möchte, die auch von Phoenix live übertragen wurde, findet hier den Link:

Samstag, 03.08. Es ist bereits der dritte und letzte Tag, an dem ich den Sommerkongress begleite – auch wenn der Kongress noch bis Sonntag geht. Wie auch in den vergangenen beiden Tagen ist ab 9 Uhr morgens der Tag wieder voll mit Programm: Neben drei Workshop-Phasen (insgesamt werden auf dem Sommerkongress über 150 Workshops zu verschiedensten Themen rund um die Themen Ökologie und Klimaschutz, aber auch Argumentationstrainings, Social Media-Trainings o.ä. angeboten) gibt es weitere drei Podiums-Diskussionen sowie Vernetzungstreffen, bei denen sich die FFF-Vertreter*innen aus den verschiedenen Bundesländern kennenlernen, koordinieren und austauschen können. Ich besuche u.a. den Workshop „Klimawandel und Ernährung“, an dem knapp 30 junge FFFler*innen teilnehmen, erfahre bei einer Geländeführung interessante Details über die Planung und Finanzierung des Kongresses, sehe den (auch am dritten Kongresstag noch auffallend sauberen) Zeltplatz, auf dem die 1.500 Kongressteilnehmer*innen schlafen, spreche noch mit einigen Kongressteilnehmer*innen und führe ein Interview mit einem der Hauptorganisator*innen des Sommerkongresses, Jakob Blasel. Dabei erfahre ich u.a., dass die jungen Organisator*innen extra für die Organisation des Sommerkongresses eine WG gegründet haben, in der konstant 10-30 Organisator*innen und Helfer*innen über zwei Monate hinweg rund um die Uhr den Kongress geplant haben. Zum kompletten Interview geht es hier (Kleiner Spoiler: Ist sehr interessant und lesenswert ;)).

Danach ist der Sommerkongress für mich persönlich beendet, auch wenn der Kongress noch bis Sonntagabend geht, denn mein Zug zurück nach Mainz fährt bereits heute Abend!

Mein Fazit: Obwohl ich nur 3 der 5 Tage des Sommerkongresses miterlebt habe, kann ich sagen: Ich bin platt – platt von den vielen Eindrücken, platt von den vielen Programmpunkten, dem vielen Hin- und Her-Gelaufe, den viel zu kurzen Mittagspausen, in denen ich aus Angst, etwas Interessantes zu verpassen fast immer nur auf dem Weg zum nächsten Programmpunkt gegessen habe, platt von dem vielen Input. Zudem bin ich beeindruckt – beeindruckt von dem reibungslosen Ablauf der Veranstaltung, beeindruckt von der perfekten Organisation und Kommunikation der Organisator*innen untereinander, beeindruckt von so viel Engagement junger Menschen für ihre (und unser aller) Zukunft in ihren Schul- oder Semesterferien. Meine Sommerferien sahen zu meiner Schulzeit entspannter aus. Doch hier macht eine Generation klar und unmissverständlich deutlich, dass es ihr ernst ist und sie bereit ist, für ihre Zukunft und ein Umdenken in der Gesellschaft und in der Politik zu kämpfen – sei es in oder außerhalb der Ferien. Denn hier ist das Motto: „Sommerkongress statt Urlaub auf Malle“.  

Übrigens: Demnächst wird es bei PB2go auch noch mehr Infos, Artikel und Videos zu den Themen Ökologie, Fairer Handel, Nachhaltigkeit und Fridays For Future geben. Falls euch dort ein Thema besonders interessiert oder ihr etwas nicht ganz versteht, schreibt mir gerne eine Mail an s.ruppert@arbeit-und-leben.de. Ich gehe gerne auf eure Wünsche ein! Das Gleiche gilt natürlich auch für andere Themen, die euch auf dem Herzen liegen!