Seit circa zwei Monaten dreht sich sowohl in den Nachrichten als auch in der Politik fast ausschließlich alles um die Corona-Krise. Doch was ist eigentlich aus dem Thema Klimaschutz geworden? Vor der Corona-Krise war dies noch das Thema Nummer 1 in den Medien – nicht zuletzt dank des vehementen öffentlichkeitswirksamen Engagements von Fridays For Future. Eigentlich war für den 24.04.2020 bereits die fünfte Großaktion mit Demonstrationen rund um den Globus geplant, doch diese sind momentan durch die geltenden Kontaktbeschränkungen untersagt. Um das Thema nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, hat Fridays For Future daher den Protest per Livestream auf YouTube ins Internet verlagert. Wie das funktioniert? Wir waren für euch live dabei:
Freitag, 24.04., 11:55 Uhr: In 5 Minuten soll es los gehen. Ich habe bereits den Livestream auf YouTube aufgerufen. Am rechten Bildrand rattert der angezeigte Chat bereits aufgrund der Nachrichtenflut wie ein D-Zug durch’s Bild – trotz eingestelltem langsamen Modus! Eine Nachricht, die gerade noch als neueste Nachricht erscheint, ist 3 Sekunden später schon wieder aus dem Bild verschwunden. Ich merke: hier tut sich was! Ein Blick auf den Bildschirm verrät mir, dass bereits 5 Minuten vor Beginn bereits über 8.500 Menschen dem Livestream zugeschaltet sind.
12:15 Uhr: Leider gibt es anfangs noch ein paar technische Probleme, weshalb der Livestream immer noch nicht läuft. Doch die allermeisten Teilnehmer*innen scheint das nicht im Geringsten zu entmutigen: Der Chat läuft weiterhin auf Hochtouren, die Kommentare sind geduldig und es sind mittlerweile sogar schon über 16.000 Menschen dem Livestream zugeschaltet. Zudem gibt’s zum Zeitvertreib einen humorigen Seitenhieb an die Klimapolitik:
12:30 Uhr: Es ist soweit. Eine halbe Stunde später als geplant kann der Livestream beginnen. Am Anfang noch etwas holprig und zwischendurch immer mal wieder mit kleineren Störungen von Bild oder Ton, insgesamt läuft das Programm von nun an aber weitestgehend rund. Zwei Klimaaktivist*innen moderieren das Programm, welches teilweise aus bereits im Vorfeld aufgezeichneten Beiträgen und teilweise aus Liveschaltungen besteht, live vor dem Reichstag in Berlin. Auf dem Rasen vor dem Reichstag haben die Aktivist*innen zudem großflächtig hunderte Plakate mit politischen Forderungen ausgelegt, welche bereits in den letzten Tagen und Wochen von Aktivist*innen aus ganz Deutschland angefertigt worden sind. Im Hintergrund der Moderator*innen kann man zudem erahnen, welch große Organisation hinter der Online-Veranstaltung steckt: Allein vor dem Reichstag steht ein riesen Regie-Zelt mit einer Unmenge an Technik, Bildschirmen, Kameras und Men-(und natürlich Women-) Power.
Das kurzweilige Programm, welches insgesamt gut 2 Stunden lang dauert, besteht aus einem stetigen Wechsel aus Beiträgen verschiedener Ortsgruppen von Fridays For Future (z.B. aus Aachen, Hamburg, Heidelberg oder Mainz), Interviews (z.B. mit dem politischen YouTuber Thilo Jung oder der Schauspielerin Katja Riemann), Statements (z.B. der Moderatoren Eckard von Hirschhausen und Michel Abdollahi), wirklich beeindruckenden Poetry Slams und musikalischen Beiträgen von Giant Rooks, Maniax oder Clueso, der im Zuge des Livestreams sogar seine neue Single releaste.
Dass die Bewegung über den Klimaschutz hinaus auch noch auf andere soziale Themen wert legt und auf sie aufmerksam machen möchte, zeigte sich unter anderem auch darin, dass nahezu der komplette Livestream sowie alle Beiträge in einem kleinen, eingeblendeten Fenster auch in Gebärdensprache übersetzt wurden. Neben diesem guten Inklusions-Beispiel gab es aber auch noch starke Beiträge zu den Themen Rassismus, Rechtsextremismus und zur aktuellen humanitären Katastrophe an den sogenannten EU-Außengrenzen.
Insgesamt hat Fridays For Future mit seiner Online-Demo sicherlich ein starkes Zeichen gesetzt und gezeigt, dass sie sich ungeachtet der Corona-Krise auch weiterhin für ihre Klimaziele einsetzt und politischen Druck ausübt. Gerade zu Zeiten bevorstehender milliardenschwerer Konjunkturprogramme für die Wirtschaft (u.a. für die Autoindustrie) wird die Bewegung sicherlich genau beobachten, wie stark der Klima- und Umweltschutz nun wirklich von der Politik berücksichtigt wird.
Wenn du dir den Stream im Nachhinein noch einmal in voller Länge anschauen möchtest, kannst du das hier tun:
Hier der Bericht zu der Aktion in den ARD-Tagesthemen:
Im Interview mit der ARD berichtet die FFF-Aktivistin Carla Reemtsma über die Forderungen von Fridays For Future rund um die milliardenschweren Rettungsgelder im Zuge der Corona-Krise: