Interview mit Jakob Blasel (Organisator des FFF-Sommerkongresses)

Hier ist ein super interessantes Interview mit Jakob Blasel, einem der Initiatoren und Hauptorganisatoren des Sommerkongresses, das ich für euch geführt habe. Es geht u.a. um die Hintergründe, die monatelangen Orga-Arbeit, die hinter dem Kongress steckt, die Ziele und die weiteren Schritten von Fridays For Future.

Für die Durchreisenden hier kurz und knackig die Facts2go des Interviews:

+++ Ursprung des Sommerkongresses war eine Whatsapp-Nachricht

+++ Es wurde extra eine WG zur Organisation in Dortmund gegründet – mit durchgehend 10-30 Organisator*innen

+++ es wurde zwei Monate in Vollzeit (und vor allem in Freizeit!!!) organisiert

+++ rund 1.500 Schüller*innen und Student*innen nahmen am Sommerkongress teil

+++ rund 100 Schüler*innen und Student*innen halfen auf dem Sommerkongress und sorgten für einen reibungslosen Ablauf

+++ Ziele: Bildung zum Thema Klimakrise/Klimapolitik, sich untereinander kennenlernen, Strategien entwickeln, Vorbereitung auf den Generalstreik am 20.09. mit ALLEN (nicht nur Schüler*innen und Student*innen)

+++ Das Interview musste 2x kurzfristig verschoben werden, da Jakob per Funk gerufen und dringend zu einer anderen Stelle musste

Für die Fleißigen hier das komplette Interview zum Nachlesen:

Jakob, vielen Dank, dass du dir die Zeit für das kleine Interview nimmst, trotz des ganzen Trubels hier. Ich habe ja jetzt schon mitbekommen, was hier um dich herum los ist. Für die Leute, die dich noch nicht kennen: Wer bist du, wo kommst du her und wie alt bist du?

Jabob: Ich bin Jakob, ich komme ursprünglich aus Kiel, habe da 18 Jahre gelebt, bin dort   zur Schule gegangen und habe jetzt gerade Abi gemacht.

Du bist ja einer der Initiatoren und Hauptorganisatoren des Sommerkongresses. Wie kam es überhaupt dazu? Wie kam die Idee zustande, diesen Sommerkongress ins Leben zu rufen?

Jakob: Ich glaube, wir hatten ehrlich gesagt ursprünglich Bedenken, dass wir nicht so über die Sommerferien, über das „Sommerloch“ rüberkommen. Jetzt füllen wir das „Sommerloch“ ganz gut und ich mache mir da eigentlich keine Sorgen mehr, aber trotzdem ist der Sommerkongress eine riesen Gelegenheit, um gemeinsam und zusammen was zu lernen, aber auch mal in den Dialog zu kommen, sich mal in echt zu treffen und das macht glaube ich schon für so eine Bewegung ziemlich viel aus. Ursprünglich war das ‘ne Whatsapp-Nachricht von Ragna [Anm. d. Red.: Eine andere Hauptorganisatorin] und mir, wo wir dazu aufgerufen haben, diese Kongress-Arbeitsgruppe zu gründen und so ist das alles irgendwie nach und nach zustande gekommen.

Also ich meine ihr habt ja jetzt hier ein riesen Teilnehmerfeld, es sind letzten Endes knapp 1.500 Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Wie organisiert man sowas? Kannst du uns mal einen kleinen Einblick hinter die Kulissen geben, was da so dahinter steht?

Jakob: Also es hat angefangen mit einer relativ unstrukturierten Whatsapp-Gruppe und dann kamen wir so vor zwei Monaten ungefähr an den Punkt, dass wir gesagt haben: Ok, wir müssen uns mal treffen, dann kommen wir auch mal voran! Schnell wurde klar, dass das nicht reicht. Wir müssen hier vor Ort sein. Einfach, weil man so verdammt viel abklären muss. Letztendlich haben wir dann eine WG gegründet, wo dann immer so 10 Leute die ganze Zeit und bis zu 30 Leute dort gewohnt haben und da haben wir halt mehr oder weniger Vollzeit in unseren Schulferien oder Semesterferien oder in meinem Tab [Anm. d. Red.: Übergangszeit zwischen Abitur und Anfang des Studiums] hier, whatever, diesen Kongress hier organisiert, alles Logistische abgeklärt – was glaub ich so die meiste Arbeit war, das Programm geschrieben und so weiter.

Ist ja Wahnsinn! Also ihr habt extra ‘ne WG dafür gegründet, um das zu organisieren???

Jakob: Ja, anders geht das glaube ich auch nicht.

Wie viele Leute sind denn hier so in eurem Orga-Team?

Jakob: Also in der WG haben wie gesagt durchgehend so 10-15 Leute gewohnt. Die bilden so den Kernkreis von Leuten, die sich super gut kennen mittlerweile. Das war aber eigentlich immer von Anfang an offen. Es war nicht so, dass das jetzt ‘ne vorgeschriebene Gruppe war. Es war offen für alle, alle konnten in der Regel vorbeikommen. Aber drumherum gab es ein riiiesiges Helfer*innen-Team – es haben ca. 40 Leute hier mit aufgebaut und während des Kongresses helfen an die 100 Leute, dass alles reibungslos funktioniert und die brauchen wir auch. Sonst würden wir das alles nicht gestemmt kriegen.

Und wie kamt ihr auf den Standort Dortmund?

Jakob: Also einmal ist dieser Revierpark hier hammerschön. Dann ist es so, dass Dortmund ziemlich zentral liegt: Mitten im Ruhrgebiet, gut erreichbar von den meisten anderen Städten und ansonsten ist vielleicht noch ein Faktor, dass hier auch der Ort des Strukturwandels unter anderem ist. Hier in der Nähe ist das rheinische Braunkohlerevier usw., aber natürlich gibt’s da auch noch andere Faktoren. Aber das sind so die Basisgründe.

Und was sind so eure Ziele der Veranstaltung?

Jakob: Also das Ziel ist erstmal, den Teilnehmenden Bildung zum Thema Klimakrise/ Klimapolitik zu vermitteln. Dann aber auch Strategien zu entwickeln, wie wir weiter vorgehen, uns auf den 20.09. vor allem vorzubereiten, wo wir es eben nicht nur schaffen wollen, einen Schulstreik für’s Klima zu organisieren, sondern wir wollen ALLE mitnehmen. Wir wollen alle Erwachsenen aufrufen, mit uns zu streiken, wir wollen riesige Bündnisse schmieden, damit wir gemeinsam die Klimakrise stoppen können.

Jetzt vielleicht nochmal zu einem anderen Themenfeld: Wann hast du angefangen, dich bei Fridays For Future zu engagieren und zu streiken?

Jakob: Seit es Fridays for Future gibt – im Dezember (2018). Also von Beginn an.

Wie hat denn dein privates Umfeld darauf reagiert, als du damit angefangen hast? Wie war z.B. die Reaktion aus deiner Familie? Gab’s da Widerstände und hat sich da vielleicht auch was gewandelt mit der Zeit?

Jakob: Also ich fang mal mit meinen Eltern an, da gab’s einen ähnlichen Wandel wie in der Politik: Am Anfang ging’s um’s Fehlen in der Schule und mittlerweile geht’s eher darum, dass sie sich weniger Sorgen um das Fehlen in der Schule machen – also auch schon während der Schulzeit – sondern mehr darum, dass ich mich sozusagen mit Engagement überlaste. Aber letztendlich fanden meine Eltern das auch immer cool, dass ich mich so für ein Thema einsetze. Da waren meine Eltern eigentlich grundsätzlich total begeistert, dass ich mich da politisch engagiere. Auch wenn sie das nicht so cool fanden, dass ich im Unterricht fehle. In meinem privaten Umfeld war es so, dass ich auch einen Großteil meiner Freunde eingebunden habe in Fridays For Future. Dadurch ist ein großer Teil meines privaten Umfeldes sozusagen mit mir gewandert, aber es ist auch einfach so, dass ich für viele Beziehungen, die jetzt nichts mit Fridays For Future zu tun haben, keine Zeit mehr habe. Ich habe jetzt halt zwei Monate auch in Dortmund gewohnt. Da wurde ich zwar auch von ein paar Freunden besucht, aber ansonsten ist es einfach so, dass das im Moment mein Hauptding ist, worum sich mein Leben gerade dreht.

Und wie war das so in deiner Schule? Wie waren da die Reaktionen? Also wenn du jetzt freitags gefehlt hast und auch so von den Lehrer*innen, von den Klassenkamerad*innen? Gab’s da auch Klassenkamerad*innen, die mit dir streiken gegangen sind?

Jakob: Ja, also die Klassenkamerad*innen haben auch gerne mal mitgemacht. Die fanden das auch innerlich oft total cool und haben das eigentlich weitestgehend unterstützt. Bei den Lehrkräften sah das dann doch zwiespältiger aus. Einige haben sich da irgendwie in ihrer Integrität verletzt gefühlt, einige fanden’s aber auch super cool und haben das stumm unterstützt, würde ich sagen. Für die Schulleitung war das glaube ich eine extrem schwierige Zeit, weil sie auch extrem verunsichert waren vom Ministerium und so weiter und die haben sich glaube ich auch teilweise in ihrer Integrität verletzt gefühlt, aber die haben sich grundsätzlich auch Mühe gegeben, da fair mit umzugehen.

Also du hattest da jetzt nicht mit harten Konsequenzen zu tun?

Jakob: Also ich würde sagen, ich hatte schon sehr viel Stress damit in der Schule, aber die Konsequenzen von der Schule waren jetzt nicht so groß.

Dann nochmal so zur Entwicklung von Fridays For Future: Greta Thunberg saß ja vor ziemlich genau einem Jahr am 20. August 2018 das erste Mal mit einem kleinen Plakat mit der Aufschrift „Schulstreik für’s Klima“ vor dem schwedischen Reichstagsgebäude, in Deutschland wurde am 07. Dezember 2018 das erste Mal gestreikt. Mittlerweile gibt es deutschlandweit ca. 500 Ortsgruppen, am 24. Mai sind 300.000 Demonstant*innen auf die Straße gegangen, Ende Juni waren es bei einer Aktion gegen Braunkohle in Aachen 20.000 Teilnehmer*innen, jetzt hier bei dem Sommerkongress in den Ferien 1.500. Was würdest du sagen, was hat sich seit Beginn eures Streiks schon getan? Was habt ihr erreicht und was nicht?

Jakob: Also der 14. Dezember war das erste Mal, wo es wirklich so richtig koordiniert war. Davor war das eher so…also es war noch nicht unter dem Fridays For Future-Label. Was wir erreicht haben, ist ‘ne Debatte. Aber das, was mich an der Debatte stört, ist, dass ‘ne Debatte kein einziges Gramm CO2 einspart und das ist eine ziemlich schlechte Bilanz. Die Regierung hat da immer noch nicht gehandelt und der Kurs, auf dem wir uns gerade befinden, macht mir ehrlich gesagt ziemlich viel Angst. Also da muss sich schnell drastisch was ändern, sonst stecken wir echt richtig in der Scheiße.

Was hast du für Eindrücke von diesem Sommerkongress gewonnen?

Jakob: Ich bin ehrlich gesagt nicht überrascht von dem, was hier passiert ist, aber immer noch begeistert. Also es ist einfach Wahnsinn, wie viele Teilnehmende hier zusammenkommen und so diese gesamte Grundstimmung, die hier herrscht. Einfach die gesamte Atmosphäre, die irgendwie dafür sorgt, dass alle die Begeisterung und die Energie, die sie haben für die Klimastreiks, auf andere übertragen und es ist einfach so ‘ne Aufbruchstimmung hier und das finde ich einfach total spannend.

Dann noch eine Abschlussfrage zur Zukunftsperspektive von Fridays For Future, denn darum geht es ja auch ein ganzes Stück weit bei eurer Veranstaltung: Wie geht es jetzt nach dem Sommerkongress weiter mit Fridays For Future? Was sind eure nächsten Schritte? Gibt es jetzt noch größere, ausgeweitete Demonstrationen wie in Köln beispielsweise? Gibt’s noch neue Aktionen?

Jakob: Wir wollen einen radikalen Schritt gehen. Wir wollen ALLE mit einbeziehen: Es soll nicht mehr nur noch sein, dass Schülerinnen und Schüler streiken, wir wollen Klimastreik mit allen. Wir rufen am 20.09. alle dazu auf, mit uns zu demonstrieren. Eine Wende und eine Veränderung kann nur passieren, wenn alle wirklich mitmachen. Anders geht es nicht. Das ist glaube ich die einzige Möglichkeit, wie wir die Klimakrise jetzt noch stoppen können.
Das Interview führte Sören Ruppert am 03.08.2019 auf dem Sommerkongress von Fridays For Future im Revierpark Wischlingen in Dortmund.

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